Wirtschaft

Ein Marktführer aus Marzahn

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Die Berlin Industrial Group ist mit High-Tech-Produkten erfolgreich und pflegt eine Start-up-Kultur im modernen Industriebetrieb.

Drucken mit Draht. Die 3D-Metalldrucker der BIG-Tochter können Werkstücke produzieren, aber auch Kunstwerke im Auftrag von…

Moto Waganari entwirft Skulpturen aus Drahtgitter, die beleuchtet eine hübsche Verbindung aus Licht und Schatten eingehen. Der Künstler hat die Idee, zum Beispiel die Figur des Denkers: Ein gebückter Mann, Kopf in die Hand gestützt. Die Umsetzung der Idee übernehmen dann Techniker in Marzahn.

Basierend auf einem 3D-Modell und einer CAD-Zeichnung wird ein 3D-Metall-Drucker der Berlin Industrial Group (BIG) so programmiert, dass er aus Draht und mit Hilfe eines Lasers das Kunststück fertigt. Das dauert ein paar Tage. Gedruckt wird mit einer rund 400.000 Euro teuren Maschine von der BIG-Tochter Gefertec. Die Firma bildet zusammen mit einem knappen Dutzend weiterer Unternehmen und Beteiligungen die BIG, die vor knapp 20 Jahren von dem jungen Ingenieur Igor Haschke gegründet worden war.

Der Name ist Programm

Berlin Industrial Group – der Name der Holding ist Programm. Die BIG-Manager glauben an eine Renaissance der Industrie. In der digitalen Welt, in der verarbeitendes Gewerbe nicht mehr laut und schmutzig ist und kaum Platz braucht, hat Berlin mit seinen Universitäten und Forschungseinrichtungen sowie der Start-up-Szene gute Voraussetzungen.

Auf dem BIG-Campus in Marzahn stehen keine weiträumigen Hallen, sondern Labore, Werkstätten und Büros für Entwickler, Programmierer und Ingenieure. Vor zwei Jahren ist die Firmengruppe von Weißensee nach Marzahn umgezogen. Das Gelände konnte vom Land gekauft werden, eine weitere Halle ist in Planung, ein Flächenproblem hat die junge Firma trotz rasanten Wachstums nicht. „Da sind wir privilegiert“, sagt BIG-Direktorin Katrin Robeck. Die Entwicklungsbedingungen sind gut, die Erwartungen groß: Von knapp 35 Millionen Euro in diesem Jahr soll der BIG-Umsatz 2020 auf 58,4 Millionen Euro steigen.


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Eine Ex-Investmentbankerin führt die Geschäfte

Es geht zu wie bei einem Start-up in Mitte: Die Mitarbeiter dürfen sich in einem Fitnessraum oder beim Beachvolleyball austoben; ein Karton steht bereit für Zettel mit „Fragen an Igor“. „Mit unserer neuen Arbeitgebermarke stellen wir den Mensch in den Mittelpunkt“, sagt die Chefin Robeck, die einst als Investmentbankerin in London und Moskau gearbeitet hat, dann Haschke kennenlernte und von dessen Konzept überzeugt war: „Mit Marktführern in Nischen erfolgreich sein und eine neue Industriegruppe in Berlin aufbauen und etablieren.“

Die Firma ist jung, die Belegschaft auch: Das Durchschnittsalter der gut 300-köpfigen Belegschaft liegt bei 30 Jahren. „Wir wollen Raum schaffen für Kreativität“, beschreibt Robeck die Philosophie. Im Mittelpunkt der Organisation stehe die Vernetzung: „Wir bringen Entwickler und Produktion und Kunden zusammen.“ So seien die Mitarbeiter in der Fertigung „ganz früh in der Entwicklung dabei, die klassischen Silos verschwinden“, sagt Robeck. „Das ist unglaublich wertschätzend für die Kollegen.“

Spezielle Lasertechnik für die Autoindustrie

Keimzelle der Unternehmensgruppe war die Lasertechnologie, dann kam die Tochter Gefertec mit dem 3D-Metalldruck hinzu. Das Besondere der Drucker: Sie verarbeiten ganz normalen Baustahl. Der lässt sich leichter „drucken“ und ist günstiger als das zumeist verwendete Pulver. Beim Druck mit den Gefertec-Apparaten wird das Material von einem Laser Schicht für Schicht aufgetragen.

Eine der BIG-Firmen hat Haschke „flying parts“ genannt – Geschäftszweck ist der Metalldruck von Spezialteilen für die Luft- und Raumfahrtindustrie. Im Programm sind Teile bis zu 0,65 Kubikmeter groß und 800 Kilogramm schwer. Ein im 3D-Druck gefertigtes Werkstück ist bis zu 50 Prozent günstiger als ein Gussteil. „Mit der neuartigen Lösung war Gefertec vom Start weg erfolgreich“, sagt Robeck. 3D-Metalldrucker wurden bislang unter anderem nach China verkauft.

Die Geschichte der BIG begann mit Sansonic, einer Firma zur Steuerung von Lasern. „Wir verarbeiten den Laserstrahl“, erklärt der Maschinenbauingenieur Christoph Wendt das Prinzip. Der Laserkopf erkennt die Kante und schweißt dann so präzise wie möglich. Zum Beispiel in einer Autotür, in der es 36 Nähte gibt, die alle in 30 Sekunden millimetergenau vom Laser geschweißt werden. „Alle deutschen Autohersteller setzen unsere Technik ein“, sagt Wendt. „Die Kunden kommen zu uns ins Labor und entwickeln mit uns gemeinsam das Produkt, das sie brauchen.“ Im Ergebnis „bekommen wir perfekte Nähte“, freut sich der Ingenieur.

Zweistelliges Wachstum wieder ab 2020

Rund 340 Mitarbeiter hat die BIG inzwischen. Obgleich sich das über die Jahre zweistellige Wachstum zuletzt abgeschwächt hat, geht es weiter aufwärts, „müssen wir uns als Arbeitgeber bei den Leuten bewerben“, sagt Robeck. „Auch wegen eines veränderten Produktmix werden wir erst ab 2020 wieder zweistellig wachsen“, kündigt die Direktorin an. Zum Produktprogramm gehören Laserdioden für die Lasermedizin, Dichtung für Gasturbinen sowie Messtechnik zur Bestimmung von Laserstrahlen.

Die BIG- Tochter Lumics hat soeben eine längere Durststrecke überstanden. BTL, tschechischer Hersteller von laserbasierten Medizinprodukten für die Schmerztherapie, hat 800 Lasermodule bestellt. Einer der größten Aufträge in der jungen Unternehmensgeschichte.

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