Wirtschaft

Verkehrsminister Scheuer ist verärgert

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Kommunen warnen vor Durcheinander bei Diesel-Verboten, VW braucht Milliarden für Betrugskosten – und der Verkehrsminister setzt die Hoffnung auf 2019.

Es wird ernst. Von Januar an gibt es flächendeckend ein Fahrverbot in Stuttgart, im Sommer folgen einige Berliner Straßen.

Der deutsche Automarkt bleibt farblos. Mehr als drei Viertel aller verkauften Neuwagen waren in diesem Jahr grau/silber, schwarz oder weiß. Immerhin wählten 17,7 Prozent der Autokäufer Rot oder Blau. „Damit wird der Automobilmarkt zumindest ein kleines bisschen bunter“, hieß es am Donnerstag in einer Mitteilung des Autoverbandes VDA, der sich zum Jahresende nicht zu Diesel- oder CO2-Problemen äußern wollte.

Das übernahm dafür Bundesverkehrsminister Andreas Scheuer in einem Gespräch mit der Deutschen Presseagentur höchstpersönlich. „2019 muss nicht nur die Diskussion um die Hardwarenachrüstungen zum Ergebnis führen, sondern es muss auch das Jahr der Vertrauens-Nachrüstung für die deutschen Hersteller sein“, meinte der CSU- Politiker. Die Autobauer hätten „verdammt viel gutzumachen“ und müssten Vertrauen und Image bei den Kunden zurückgewinnen.

VW rechnet mit weiteren Milliardenkosten

Das gilt vor allem für Volkswagen. Mehr als drei Jahre nach Aufdeckung der Abgasmanipulationen ist ein Ende der Aufarbeitung nicht in Sicht. Nach Angaben von VW-Finanzvorstand Frank Wittwer musste der Konzern in diesem Jahr 5,5 Milliarden Euro für Strafen und andere Kosten aus dem Dieselbetrug aufwenden. „Im kommenden Jahr rechnen wir mit einer Summe von etwa zwei Milliarden Euro und 2020 soll es noch rund eine Milliarde Euro sein“, sagte Wittwer der „Börsen-Zeitung“. Damit dürften sich die Kosten der Manipulation Richtung 30 Milliarden Euro bewegen. Unabhängig vom VW-Skandal ist der Diesel auch deshalb so stark in die Kritik geraten, weil er in Städten maßgeblich zu Luftverschmutzung mit Stickoxiden beiträgt. Deshalb drohen in kommenden Jahren an viel befahrenen Straßen in diversen Städten Fahrverbote.

Kommunen rechnen mit Chaos

Der Präsident des Verbands kommunaler Unternehmen (VKU), Michael Ebling, befürchtet einen Flickenteppich solcher Verbote. Es drohe angesichts sehr unterschiedlicher Maßnahmen für sauberere Luft ein „heilloses Durcheinander“, meinte der Oberbürgermeister von Mainz. In den jeweiligen Kommunen gebe es ganz unterschiedliche Handhabungen und Umsetzungen. So sind in Stuttgart Dieselfahrzeuge mit der Abgasnorm Euro 4 oder schlechter vom 1. Januar 2019 an aus dem gesamten Stadtgebiet verbannt, Autos mit örtlichen Kennzeichen vom 1. April an. Für Berlin hat das Verwaltungsgericht entschieden, dass von Sommer 2019 an mindestens elf Abschnitte stark befahrener Straßen für Diesel mit den Normen bis Euro 5 zu sperren sind. Für Essen ordnete ein Gericht vom 1. Juli an eine Fahrverbotszone an, zu der erstmals auch eine stark befahrene Autobahn gehört.

Scheuer will keine Fahrverbote

Verkehrsminister Scheuer bekräftigte die Haltung der Bundesregierung: „Wir sind gegen Fahrverbote und bieten Förderungen, Hilfen und Unterstützung für die betroffenen Kommunen an.“ Dieses Thema sei für die Zukunftsfähigkeit der urbanen Mobilität existenziell, weil durch diese Diskussion viel Druck aufgekommen sei. Er erwarte von den Kommunen, dass die Maßnahmen 2019 umgesetzt und neue, digitale Systeme beschafft würden. „Wir haben ihnen Förderbescheide in Höhe von mehr als 480 Millionen Euro übergeben. Die Systeme für bessere Mobilität und saubere Luft müssen jetzt zum Fliegen kommen.“

Ebling dagegen bewertete den Kurs der Bundesregierung in der Dieselfrage kritisch: „Ich werde auch nach meiner Teilnahme beim dritten Dieselgipfel bei der Bundeskanzlerin das Gefühl nicht los, dass man irgendwie versucht, sich um die Folgen und das Exekutieren von Verstößen herumzumogeln.“ In Deutschland führen Autos, die Verbrauchern verkauft worden seien und nicht das hielten, was von den Herstellern versprochen worden sei. „Die Automobilindustrie darf offenbar in Deutschland Fehler machen, aber sie wird dafür nicht zur Rechenschaft gezogen. Das ist fast schon subversiv, das untergräbt die Verlässlichkeit unseres Rechtsstaats“, so Ebling.

Auch die Software-Nachrüstung hakt

Die Autohersteller hatten die Umrüstung von Millionen Dieselautos mit neuer Abgas-Software versprochen. Bis Jahresende sollen eigentlich 5,3 Millionen Wagen damit für den Kampf gegen Fahrverbote nachgebessert werden – nach Angaben von Mitte Dezember sind aber bisher nur 3,75 Millionen Fahrzeuge fertig umgerüstet, wie das Verkehrsministerium mitgeteilt hatte. „Ich bin verärgert, dass man etwas zugesagt hat, was man nicht eingehalten hat”, sagte Scheuer dazu. Der Branchenverband VDA hatte immer auf den erheblichen Aufwand verwiesen. (mit dpa)

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