Wirtschaft

Wie Lidl und Kaufland sich jetzt neu aufstellen

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Die Schwarz-Gruppe mit Lidl und Kaufland ist der größte Handelskonzern Europas – und ist plötzlich dazu gezwungen sich personell neu zu sortieren.

Lidl macht zusammen mit Kaufland rund 100 Milliarden Umsatz pro Jahr.

Dass sich die Schwarz-Gruppe inmitten gravierender personeller Umbrüche befindet, ist seit Dienstag mehr als deutlich. Nach zwei Jahren an der Spitze von Lidl hatte der Vorstandsvorsitzende Jesper Hojer überraschend seinen Rücktritt verkündet. Erst Mitte März hatte auch der Chef von Kaufland, Patrick Kaudewitz, den Dienst quittiert.

Damit stehen beide Supermarkt-Ketten, die unter dem Dach der Schwarz-Gruppe sind und die den Konzern mit rund 100 Milliarden Euro Jahresumsatz zum größten Handelskonzern Europas machen, binnen drei Wochen ohne echte Chefs da. Denn nach beiden Rücktritten wurden jeweils nur kommissarische Nachfolger benannt. Bei Lidl ist das der 38-Jährige Ignazio Paternò, bei Kaufland der 70-Jährige Klaus Gehrig, der eigentlich Leiter der gesamten Schwarz-Gruppe ist.

Bereits seit Ende März ist bekannt, dass sich die Schwarz-Gruppe neu strukturiert. Das Unternehmen will damit einerseits offener für die Herausforderungen der Digitalisierung werden und andererseits Führungspersonal für die Zeit nach Gehrig aufbauen. So war vor gut einer Woche mit Gerd Chrzanowski zum ersten Mal ein Stellvertreter für Gehrig benannt worden.

Mitarbeiter von SAP und Google geholt

De iure ist Chrzanowski damit der zweite Mann im Unternehmen; de facto der dritte, denn Firmengründer und Eigentümer Dieter Schwarz mischt dem Vernehmen nach noch immer kräftig mit, obwohl er offiziell nicht mehr im operativen Geschäft ist.


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Zudem holte man unter anderen einen ehemaligen SAP-Manager und eine ehemalige Google-Mitarbeiterin in Führungsgremien des Unternehmens. „Damit besetze die Schwarz-Gruppe „Zukunftsthemen mit erfahrenen Experten und Führungskräften“, meinte Gehrig. Insgesamt ist das Team in der Schwarz-Zentrale in Neckarsulm sehr jung und Insidern zufolge offen für digitale Ansätze. Dass sowohl Kaufland als auch Lidl ihre Lebensmittel-Lieferdienste eingestellt haben, war intern auf Kritik gestoßen.

Unternehmerisch steht die Schwarz-Gruppe zwar aktuell gut da, muss jedoch zahlreiche Baustellen im Blick behalten. Sowohl Lidl als auch Kaufland konnten ihre Umsätze zuletzt steigern, allerdings schrieb nur Lidl schwarze Zahlen.

Lidl-Debakel in den USA

Dafür gingen die größten Misserfolge des Unternehmens in den vergangenen Jahren auf Lidls Konto. Die Expansion in die USA blieb völlig unter den Erwartungen, sodass Lidl neben den kalkulierten Investitionen in Höhe von zwei Milliarden Euro noch kräftig Geld nachschießen musste. Kostspielig war außerdem eine gescheiterte Kooperation mit SAP, an deren Ende ein neues Warenwirtschaftssystem für den Discounter stehen sollte. Stattdessen wurde das Projekt eingestampft und Lidl war rund eine halbe Milliarde Euro ärmer.

Kaufland leistete sich zwar zuletzt keine solchen Fauxpas. Allerdings steht das ganze Geschäftsmodell des Selbstbedienungswarenhauses derzeit unter Druck, wie auch die schleppenden Geschäfte des Wettbewerbers real zeigen. Zudem steht nach dem Lidl-Debakel in den USA die geplante Kaufland-Expansion nach Australien unter verschärfter Beobachtung.

Ob die Abgänge der Lidl- und Kaufland-Chefs mit den Neustrukturierungen zusammenhängen, ist nicht bekannt. Offiziell gehen beide aus eigenem Antrieb. Dass Gehrig in beiden Fällen noch keine langfristige Nachfolgelösung präsentieren konnte, spricht allerdings deutlich dafür, dass sowohl Kaudewitz als auch Hojer ihre Abschiede auch der Geschäftsführung nicht allzu lang angekündigt hatten.

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