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Grindel-Rücktritt: Erst Strukturreform, dann Personalsuche

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Wer wird neuer DFB-Präsident? Bei den Fans steht Ex-Teamchef Rudi Völler hoch im Kurs. Eine schnelle Lösung soll es aber gar nicht geben. Erst sollen beim Verband die Strukturen zukunftsfähig gemacht werden.

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Berlin (dpa) – Dürften Deutschlands Fußball-Fans entscheiden, hätte der 90er Weltmeister Rudi Völler gute Karten auf die Nachfolge des zurückgetretenen DFB-Präsidenten Reinhard Grindel.

35 Prozent stimmten laut einer «Bild»-Umfrage bei einer Auswahl von sechs Kandidaten für den früheren DFB-Teamchef und aktuellen Geschäftsführer Sport von Bayer Leverkusen, der damit auch vor den Ex-Nationalspielern Christoph Metzelder (28) und Thomas Hitzlsperger lag.

Der ehemalige Leverkusener Manager Reiner Calmund hält Völler für einen geeigneten Kandidaten. «Der Rudi bringt alles mit, um ein perfekter Repräsentant an der Spitze des Verbands zu sein», sagte der 70-Jährige der Rheinischen Post. Calmund schränkte allerdings ein: «Aber man muss einen solchen Job auch wollen.» Völler hat sich bislang nicht öffentlich zu den Spekulationen um seine Person geäußert.

Der Präsident des Sächsischen Fußball-Verbands, Hermann Winkler, hat Matthias Sammer ins Gespräch gebracht. Der 51-Jährige «wäre ein geeigneter Kandidat für viele Dinge, weil er über so viel Erfahrung verfügt und so viele gute Sachen hinterlassen hat», sagte Winkler in einem Interview der «Sächsischen Zeitung» (Freitag). «Ich schätze ihn sehr. Doch ich möchte ihn jetzt auch nicht verbrennen, indem ich ihn ins Spiel bringe.»

Wer Grindel tatsächlich beerben wird, kristallisiert sich momentan aber noch nicht heraus. Der 57-Jährige war am Dienstag zurückgetreten und hatte dabei die Annahme einer Uhr bestätigt, deren Wert er mit rund 6000 Euro angab. Schon in den Tagen und Wochen zuvor hatte es heftige Kritik an Grindels Führungsstil und Krisenmanagement gegeben, so dass der Schritt nicht mehr überraschend kam.

Vor der Personenwahl sollen aber ohnehin zuerst zeitgemäße Strukturen beim DFB geschaffen werden. Eine entscheidende Frage wird sein, ob der nächste DFB-Chef weiter als Ehrenamtler den Posten ausüben soll. «Mit Blick auf die aktuelle Situation ist es erst einmal wichtig, die Strukturen des DFB bis zum Bundestag im Herbst so zu gestalten, dass der zukünftige Präsident seinen Aufgaben nicht nur erfolgreich, sondern vor allem auch langfristig nachgehen kann», sagte Rainer Koch bei einem Kamingespräch der International School of Management (ISM) in München. DFB-Vize Koch hat zusammen mit Ligapräsident Reinhard Rauball interimsweise den Chefposten des mit 7,09 Millionen Mitglieder größten Sportfachverbandes der Welt übernommen.

Eine Strukturveränderung schlägt auch Sylvia Schenk als Anti-Korruptions-Expertin von Transparency International vor. «Einfach eine Person austauschen und alles bleibt wie’s ist, bringt überhaupt nichts», sagte sie. Schenk selbst – die 66-Jährige führte einst den Bund Deutscher Radfahrer – traut sich das Amt zu. «Wenn die Leute es wollen und reif für eine Frau sind», sagte sie der «Bild»-Zeitung. Eine eigene Bewerbung schloss sie aber aus. Der «Welt» (Donnerstag) sagte Schenk unterdessen: «Ich glaube, um dem DFB zu helfen, kann ich andere Sachen machen. Da muss ich nicht Präsidentin werden.»

Das Verhalten von Grindel machte Schenk fassungslos. «Denn egal, wie wertvoll die Uhr ist, selbst wenn es ein Fake ist, nimmt man eine Rolex-Uhr schon ob der Symbolik nicht an.» Bei der Uhr soll es sich nicht um eine Rolex, sondern um ein Modell der Marke Ulysse Nardin handeln.

Die Uhr, die nach Grindels Angaben ein Geschenk des früheren ukrainischen Verbandschefs Grigori Surkis war, wird auch noch die DFB-Ethikkommission beschäftigen. Wie der kommissarische Vorsitzende Nikolaus Schneider der «Frankfurter Allgemeinen Zeitung» sagte, werde sich das Gremium am 10. April «mit der Berichterstattung über Herrn Grindel beziehungsweise den daraus entstehenden Fragen» beschäftigen. Die Kommission werde dann entscheiden, ob und wenn ja wie sie in der Sache weiter vorgehen werde. Weitere Vorwürfe seien der Kommission nicht bekannt. Über den Sitzungstermin der Ethikkommission hatte auch die «Süddeutsche Zeitung» (Mittwoch) berichtet.

Nach Informationen der «FAZ» soll der DFB prüfen, ob er Vergütungen von Grindel für sein Aufsichtsratsmandat bei der DFB-Medien Verwaltungs-Gesellschaft in den Jahren 2016 und 2017 zurückfordern kann. Im Raum steht eine Summe von 78.000 Euro. Grindel hatte sich in seiner Rücktrittserklärung dazu ebenso nicht geäußert wie zu seinen Mandaten bei den internationalen Verbänden FIFA und UEFA. Sie sind nicht an das Präsidentenamt beim DFB gebunden.

Der Weltverband FIFA erklärte dem Bericht zufolge, Grindel habe die Annahme des Uhren-Geschenks gemeldet. «Ich gehe davon aus, dass alle drei Organisationen – DFB, UEFA und FIFA – mögliche Verstöße von Herrn Grindel gegen die jeweiligen Ethikregeln prüfen werden», sagte Hans-Joachim Eckert, bis Mai 2017 Vorsitzender der rechtsprechenden Kammer der FIFA-Ethikkommission war.

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