Wirtschaft

Da ist mehr drin

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Ab 13. Dezember gilt die neue Verordnung für die umfassende Kennzeichnung von Lebensmitteln. Verbraucherschützer kritisieren sie als lückenhaft.

Gehaltvoll. Auf Lebensmittelverpackungen müssen sich künftig mehr Angaben über Inhaltsstoffe finden.

Sind Nüsse im Aufstrich? Wie viel Zucker ist im Frucht-Müsli? Und kommt der Joghurt wirklich aus den Alpen, so wie es das Bild auf dem Deckel suggeriert? Mit den neuen Regeln zur Kennzeichnung von Lebensmitteln sollen viele Unklarheiten rund um unser Essen beseitigt werden. Unter dem sperrigen Titel „Lebensmittelinformationsverordnung“ gilt ein Großteil der Richtlinien ab kommendem Sonnabend europaweit.

Verbraucher sollen dadurch umfassend über die Produkte informiert werden, die in ihren Einkaufskörben landen. Doch hält das Regelpaket, was es verspricht? „Allgemein ist die Verordnung eine gute Sache, dennoch fehlt vieles darin“, bemängelt Jessica Fischer von der Verbraucherzentrale Berlin.

Vor allem für Allergiker soll es aber einfacher werden. Hinweise zu den 14 häufigsten allergieauslösenden Stoffen wie Gluten und Nüsse sind künftig durch eine besondere Schriftart oder eine andere Hintergrundfarbe in der Zutatenliste hervorgehoben. Neu ist außerdem, dass auch bei nicht verpackter Ware in Bäckereien oder Restaurants über Allergene informiert werden muss. Wie genau das gehandhabt wird, ist nach Willen der Europäischen Kommission Sache der Mitgliedsstaaten.

NANO-HINWEIS BEACHTEN

In Deutschland wird noch an der Regelung gearbeitet. Die mündliche Auskunft bei Bedarf lehnen die Verbraucherschützer als Variante ab. „Es ist mühsam, wenn man immer erst fragen muss – außerdem ist nicht garantiert, dass die Verkäufer qualifiziert antworten“, kritisiert Fischer. Eine detaillierte Info-Broschüre, die auf dem Verkaufstresen oder an der Essensausgabe ausliegt, sei die bessere Lösung.

Wer zukünftig in der Zutatenliste hinter einem Inhaltsstoff das Wort „Nano“ in Klammern entdeckt, stößt auf Zusätze, die bisher weitgehend unentdeckt in Lebensmitteln enthalten waren. Nanomaterialien sind technisch produzierte Stoffe, deren Partikelgröße stark verkleinert ist und die deshalb ein anderes chemisches Verhalten aufweisen können. Ob und inwiefern die Aufnahme von Nano-Partikeln durch Lebensmittel für den Menschen gesundheitsgefährdend ist, ist nicht geklärt. Die Zusätze werden bereits in Form stärkerer Farbstoffe, Geschmacks- und Konservierungsstoffe eingesetzt. Als sogenannte Rieselhilfen oder Verdickungsmittel werden siliziumhaltige Verbindungen zugesetzt. Sie bewirken, dass sich Trockenprodukte wie Tütensuppen besser aus der Verpackung schütteln lassen und Ketchup optimal aus der Flasche fließt.

INFOS BEI ONLINE-EINKAUF

Anders als die umstrittenen Nano-Partikel soll die Schriftgröße für Pflichtangaben zukünftig eine Mindestgröße haben. 1,2 Millimeter sind nach Ansicht der Verbraucherzentralen für viele Menschen immer noch zu klein, auch fehlten weiterhin klare Vorgaben zu Schriftart und Kontrast, um eine gute Lesbarkeit der Etiketten zu gewährleisten. Was weiterhin nicht auf Packungen zu finden sein wird, ist das Wort „Imitat“. Befindet sich auf einer Käsepizza also Analogkäse und Formfleisch, reicht es, wenn der Hersteller diese Angabe in der Nähe des Produktnamens macht. Dass es sich dabei um Lebensmittelimitate handelt, wird aber nicht deutlich gemacht. Auch darf ein Hersteller weiter große Erdbeeren abbilden oder sein Produkt als Erdbeer-Produkt bezeichnen, obwohl nur homöopathische Mengen Erdbeeren enthalten sind, bemängelt Lena Blanken von der Verbraucherorganisation Foodwatch. „Die neuen Kennzeichnungsregeln schützen nicht vor Täuschung.“

Mehr Transparenz soll es beim Einkauf im Netz oder über das Telefon geben. Wer online Pralinen oder eine Pizza bestellt, konnte sich bislang nicht immer unkompliziert über die Inhaltsstoffe informieren. Ab Mitte Dezember gilt nun, dass alle verpflichtenden Informationen – außer das Mindesthaltbarkeitsdatum – verfügbar sein müssen. „Das ist in der Tat eine große Verbesserung, gerade weil immer mehr über das Internet bestellt wird“, erklärt Verbraucherschützerin Fischer.

KEINE LEBENSMITTELAMPEL

Auch sollen Kunden nicht länger durch Bilder oder Landesflaggen über die Herkunft von Produkten getäuscht werden. Befindet sich also auf der Mozzarella-Packung eine italienische Flagge, obwohl der Käse aus Sachsen kommt, ist ein deutlicher Hinweis auf den Produktionsort Pflicht. Fleisch von Schweinen, Schafen, Ziegen und Geflügel muss fortan wie bisher schon Rindfleisch mit Herkunftsangaben zum EU-Land der Aufzucht und Schlachtung versehen sein. Bei Hackfleisch reicht die Angabe über die EU- Herkunft. Wie gekennzeichnet werden muss, wenn das Fleisch nur eine von vielen Zutaten in einem Produkt ist, muss noch entschieden werden.

Eine Enttäuschung für die Verbraucherschützer ist die fehlende Lebensmittelampel, die in England auf Verpackungen schon seit längerer Zeit aufgedruckt ist. Mit ihr ließen sich die Angaben zum Salz-, Zucker- und Fettanteil besser einschätzen. Stattdessen sieht die Verordnung vor, dass Nährwerte immer angegeben werden müssen. „Viele Hersteller haben schon freiwillig tabellarische Nährwertangaben auf Packungen gedruckt“, sagt Fischer. Neu hinzukommen sind Angaben zum Salz- und Gesamtzuckergehalt.

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