Wirtschaft

Studierende finden kaum bezahlbare Wohnungen

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Das Wintersemester startet in Berlin – und viele Studierende sind noch auf Wohnungssuche. Das setzt den Markt weiter unter Druck.

Demonstranten protestierten im September für mehr bezahlbare Wohnungen. Die bleiben eine knappe Ressource in vielen Großstädten.

Es wird immer enger. So einfach lässt sich das Ergebnis einer neuen Studie zum studentischem Wohnen in einem Satz zusammenfassen. „Die Lage für Studenten im Wohnungsmarkt hat sich nicht verbessert – im Gegenteil“, formulieren die Autoren der in der vergangenen Woche veröffentlichten Studie des Instituts der Deutschen Wirtschaft (IW). Ein Warnruf zu Beginn des Wintersemesters.

Jedes Jahr strömen Tausende junge Menschen nach Berlin. Allein 40.000 Studierende kamen in den vergangenen zehn Jahren hinzu. Inzwischen gibt es knapp 190.000 Studierende in der Stadt. Bundesweit ist die Zahl der Studierenden seit 2010 um etwa 28 Prozent gestiegen, in einigen Hochschulstandorten sogar über 40 Prozent. Das treibt auch die Mietpreise auf dem Wohnungsmarkt in die Höhe. In Berlin zahlen Studierende heute im Schnitt 67 Prozent mehr als 2010 – bundesweit der höchste Anstieg. Der Durchschnittspreis für eine Studierendenunterkunft lag laut IW Ende vergangenen Jahres bei 385 Euro monatlich. Die Studienreihe „Fachkraft 2030“ des Personaldienstleisters Studitemps kommt in einer aktuellen Untersuchung sogar auf 412 Euro monatlich.

Auch für die Politik sind die hohen Mieten ein Thema

Rolf-Dieter Postlep, Präsident des Deutschen Studierendenwerks, vermutete jüngst, dass „sich die Knappheit von bezahlbarem Wohnraum mittel- und langfristig zu einem Thema mit sozialer Sprengkraft entwickeln könnte“. Bund und Länder werben mit viel Geld um zusätzliche Studierende, aber bauten die soziale Infrastruktur nicht entsprechend aus. Die Wahl des Studienorts dürfe nicht vom Geldbeutel abhängen, vielmehr sei bezahlbarer Wohnraum eine Frage der Bildungsgerechtigkeit. Das Deutsche Studierendenwerk fordert deshalb einen Bund-Länder-Hochschulsozialpakt, parallel zu den Bund-Länder-Hochschulpakten. Zwei Milliarden Euro brauche man dafür. Mindestens 800 Millionen Euro sollen Bund und Länder beisteuern, so Postlep.

Im vergangenen Jahr hatte sich die Berliner LandesAstenKonferenz (LAK), der Zusammenschluss der Studierendenschaften der Berliner Hochschulen, mit der Bitte an den Senat gewandt, Notunterkünfte für Studierende einzurichten. Seit ein paar Wochen ruft die LAK Studierende, „die sich in einer prekären Wohnsituation befinden oder drohender bis faktischer Wohnungslosigkeit ausgesetzt sind“, dazu auf, Berichte über ihre Erfahrungen auf dem Berliner Wohnungsmarkt einzusenden. In einer anonymen Veröffentlichung heißt es beispielsweise: „Die Bemühungen, gemeinsam mit Freund*innen eine bezahlbare Wohnung anzumieten, waren ermüdend, zeitraubend und letzten Endes fruchtlos.“

Der Senat will mehr Studierendenwohnungen schaffen

Dabei ist das Thema längst auf der Agenda der Politik. 2015 hatte sich der Senat zum Ziel gesetzt, 5000 Studierendenwohnungen zu schaffen. Je 2500 davon sollen durch die städtischen Wohnungsbaugesellschaften (WBG) und die berlinovo GmbH bereitgestellt werden. Laut Senatsverwaltung sind durch die WBG bisher 185 Wohnplätze entstanden, weitere 575 Wohnplätze an 14 Standorten seien im Bau, 1521 noch in Planung. Die berlinovo schuf den Angaben zufolge bisher 485 Einheiten, gebaut werden demnach aktuell 139, geplant werden 2957. Das Berliner Studierendenwerk werde seine Kapazitäten zudem bis 2019 um 200 Plätze ausweiten.

Steffen Krach, Staatssekretär für Wissenschaft und Forschung, sagt, man arbeite weiter an der Umsetzung des Senatsbeschlusses und „prüfe bei Neu- und Umbauprojekten in der ganzen Stadt auch die Option, ob sich studentisches Wohnen integrieren lässt“. Zudem „unterstützen wir das Studierendenwerk dabei, künftig Kredite über die Investitionsbank Berlin aufzunehmen, um mehr eigene Bauprojekte angehen zu können“. Nach wie vor setze man sich für eine BAföG-Reform ein, damit für Studierende Wohnraum bezahlbar bleibt.

Ein bis drei Semester wartet man auf ein Wohnheimzimmer

Nach Angabe des Berliner Studierendenwerks ist der Bestand an Wohnheimplätzen seit Juli 2015 von 9378 auf insgesamt 9427 Plätze gestiegen. Diese seien durch Verdichtung und Umbau bestehender Gebäude und Grünflächen entstanden. Weitere 136 Plätze seien derzeit noch im Bau und sollen im Frühsommer 2019 eröffnet werden. Ob das ausreicht, ist fraglich. 4279 Studierende stehen aktuell auf der Warteliste des Studierendenwerks für einen Wohnheimplatz. Die Wartezeit betrage, je nach Standort, zwischen einem und mehr als drei Semestern.

Die LAK hält die Maßnahmen für „alles andere als ausreichend“. Dass Studierenden mit geringem Einkommen bald kein Wohnraum mehr zur Verfügung stehe, sei eine „soziale Pleite“. „Die Alarmzeichen stehen auf Rot, wenn selbst der BAföG-Höchstsatz ein Studium in Berlin nicht mehr ermöglicht.“ Die LAK stellt deshalb umfassende Forderungen an den Senat, darunter die „Eindämmung des privaten Immobilienmarkts“ sowie ein Vorkaufsrecht für das Studierendenwerk für Objekte, in denen nicht allein Wohnraum für Studierende entstehen soll. Die Zusammenarbeit mit der berlinovo GmbH sieht die LAK kritisch, da sie Wohnraum schaffe, deren Mietpreis überhalb des BAföG-Wohnsatzes von 250 Euro liege.

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